Wochenrückblick – PCT Woche 11 – Sierras 1
Leselaunen / Wochenrückblick
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Da ich ab Mitte April den Pacific Crest Trail (PCT) wandere (so lange nicht noch irgendwas dazwischen kommt – auf Holz klopf), habe ich mich entschlossen Wöchentlichen Post temporär anzupassen. Es geht hier also in näherer Zukunft kaum oder wenig um Bücher, sondern um Wandern und Reisen. Zudem werde ich mich aufgrund der Zeitverschiebung zu den USA und dem unregelmäßig verfügbaren Internet wohl auch nicht so genau an die Postzeiten halten.
Aktuelles Buch:
Momentane Lesestimmung:
Die Reise geht vor, somit richte ich mich nach zeitlicher Verfügbarkeit.
Zitat der Woche:
entfällt
Und sonst so:
Sonntag – Tag 67 / 6 – Start in die Sierras – Kennedy Meadows Campground 704,6, 725,1 – 04.08.2019
In Kennedy Meadows hatte ich eine interessante Unterhaltung mit einem Hiker. Er wurde von einem ehemaligen Studienkollegen begleitet, der Amerikaner ist. Die beiden haben aber in Deutschland Maschinenbau studiert. Beide sind um die 50. Der US-Amerikaner arbeitet nicht mehr und hat angeblich 4 Millionen auf dem Konto (Amerikaner reden über sowas offener als wir in Deutschland) und der andere verdient (bzw. bekommt – den Begriff verdient finde ich Kontext Gehalt vollkommen unangebracht, weil er impliziert, dass Bezahlung gerecht ist) als Ingenieur angeblich um die 130.000€ im Jahr.
Wichtig – meint der Amerikaner – sind Aktienoptionen und das Informatiker dringend gesucht werden in den USA. Ich solle doch mal über den Schritt nachdenken.
Schon krass aber wenn ich mir so überlege was manche Sachbearbeiter sich in den USA leisten können (ich denke dabei an jemanden der US Tochter des Unternehmens für das ich arbeite, der z.B. in der LA Gegend ein großes Boot, ein recht großes Haus usw. hatte), kann ich mir schon vorstellen, dass die Geschichte stimmt.
Die Idee hat schon was mit 50 zu machen worauf man Lust hat weitgehend ohne Zwänge, weil man finanziell unabhängig ist.
Zumindest konnte man sich super mit ihm unterhalten über quasi alles. Uns wären die Gesprächsthemen glaube ich lange nicht ausgegangen. Dummerweise wollte ich am nächsten Morgen früh weiter Hiken. Wenn es in Kennedy Meadows ein Hotel gegeben hätte, dann wäre ich wohl eine Nacht dort geblieben.
Ich habe mich somit nach dem Essen zum Kennedy Meadows Campingplatz fahren lassen, damit ich morgens um 6:00 direkt auf den PCT gehen kann.
Wie ich später erfahren habe, hat die Truppe noch bis 11 Bierchen und diverse Mixgetränke beseitigt. Dementsprechend ging es dann am Folgetag deutlich später los als bei mir.
Der Campingplatz war die erste moskitoverseuchte Ecke. Ich bin schnell ins Zelt und mit den Moskitobegleiterin in den Nahkampf übergegangen (ich habe die erste Runde gewonnen aber macht euch nichts vor, auf lange Sicht gewinnen immer die Moskitos, die Überzahl ist überwältigend).
Der Campingplatz war relativ voll. Es sind locker bis 23:00 (die Leute waren vorher überwiegend in Grumpy Bear) noch Camper angekommen. Somit war es eher unruhig in der Nacht.
Die Landschaft ist heute genial. Ich bin gespannt wie es weiter geht. Nachdem ich die ersten drei Hiketage kaum was Zu Essen runter bekommen habe, habe ich heute öfter Hunger. Jetzt ist nur das Kontinent begrenzt.
Man sieht in den High Sierras aber überall noch Schnee. Das zum Thema es ist kein Schnee mehr da.
Meine Füße schmerzen Mittags rum heftig aber noch halten sie sich noch. Abends geht es wieder besser.
Heute treffe ich auch wieder diverse Hiker (ok, es ist auch Sonntag und am Wochenende trifft man immer mehr Dayhiker).
Es ging heute auf 10600 Fuß und da wird die Luft schon merklich dünner. Der erste Anstieg ging noch aber dann ging es bzgl. des Anstiegs pro Meter deutlich aus meiner Komfortzone heraus.
Ich Campe ungefähr in der Höhe um mich zu akklimatisieren.
Abends überfallen mich beim Zeltaufbau wieder die Moskitos. Die mögen offenbar Schatten, Wärme und Windstille. Jetzt tummeln sich mindestens 10 vor dem Fliegengitter des Zeltes. Es folgt mir auch immer mindestens eine ins Zelt. Sauviecher.
Der heutige Tag war Megaanstrengend mit 1600 Höhenmetern aber hat auch sehr viel Spaß gemacht. Ich hoffe die Leistung kann ich drei Tage halten, denn bei meinem neu erwachten Hunger wird das Essen sonst knapp.
Es ist immer wieder interessant wie gut man auf so einer Etappe die Blumen den verschieden Höhenstufen zuordnen kann. Biologie in der Praxis.
Die letzten Nächte habe ich den Schlafsack einfach als Decke benutzt (da man ihn aufzippen kann geht das ziemlich gut). Das ist diese Nacht auf 3000m aber wohl zu kalt. Ich schlafe aber deutlich besser bei der Deckenvariante als bei der Schlafsackvariante, weil die Variante als Decke weniger einschränkt (deswegen haben die meisten Hiker wohl auch keinen Schlafsack mehr, sondern Quilts).
Montag – Tag 68 / 7 – 725,1, 747,9 – 05.08.2019
Wie sich in der Nacht zeigt, lag ich bzgl. dem Schlafsack falsch. Die Variante als Decke reicht völlig.
Bzgl. der Landschaft ist der heutige Tag nicht so spannend. Es gibt primär Wald zu sehen – also wie am Vortag, nur das davon kaum etwas abgestorben / verbrannt ist. Eigentlich ganz schön aber auf Dauer kaum fotogeeignet. Wer will schon immer wieder Waldbilder sehen? Somit genieße ich den Wald, mache aber schon weniger Fotos. 😉
Ich versuche mich mit einem längeren Hike in eine gute Position für den Folgetag zu erreichen (Bergauf am besten morgens, wenn es noch kühl ist). Das klappt auch aber Abends ist dann schlagartig Schluss. Ich baue das Zelt auf und kaum bin ich drin, wird mir übel. Das Abendessen liegt noch nicht lange zurück und ich lasse es mir spontan noch mal durch den Kopf gehen. Überanstrengung, Höhenkrankheit (ich war ja vorher auch schon so hoch) oder Infekt?
Glücklicherweise ist ein ZIP Lock Beutel zur Hand, sonst wäre alles im Zelt gelandet. Das sind ja tolle Voraussetzungen für den härtesten Teil des PCT. Wie nun weiter? Auszeit in Lone Pine oder weiter? Ich entschließe mich für weiter, nachdem es ab nächsten Morgen wieder besser ist.
Ich treffe den ganzen Tag niemanden.
Über den Sierras herrscht reger Flugverkehr. Das hatte ich so auf dem PCT nirgends. Es handelt sich offenbar überwiegend um Kampfflugzeuge, die in dem Bereich üben. So stellt man sich Nationalparks auch nicht unbedingt vor.
Dienstag – Tag 69 / 8 – 747,9, 765,2 – 06.08.2019
Morgens fühle ich mich ganz gut. Ich beschließe nicht den Trailexit Lone Pine (technisch korrekt Cottonwood Pass) zu benutzen, sondern den Weg Richtung Mount Whitney fortzusetzen.
Edit 29.08.2020 nach dem Hike: Der Lone Pine Exit ist ganz schön anstrengend, wenn man da wieder in den Trail rein muss. Aber das wird vermutlich bei anderen Trail Exits in der Sierra vergleichbar sein. Wo man runterklettert muss man halt später auch wieder hoch. 😉
Edit Ende
Heute ist die Landschaft wieder abwechslungsreicher. Das Essen macht mir tagsüber Probleme. Ich muss mich mehrfach fast übergeben. Somit bricht die Leistung etwas ein.
Heute treffe ich zig Leute, was aber primär daran liegt, dass Touristentouren mit Pferd oder Guide angeboten werden, die nicht lange dauern (d.h. man sieht die Konvois mehrfach am Tag). Man kann aber offenbar den ganzen John Muir Trail auf dem Pferd buchen, wenn die Geschichten stimmen, die andere Hiker erzählen (Mount Whitney fällt schon mal raus, da gibt es keine Pferdetouren).
Da meine Leistung einbricht, treffe ich zwei Hiker wieder, die ich in Kennedy Meadows kennengelernt habe und die mit den Nachwehen des unterhaltsamen Abends zu kämpfen hatten.
Interessant ist was die beiden Essen. Die können währen des Hikes die Portionen für zwei Leute vertilgen und noch diverse Sachen hinzufügen (+kleine Nudelpackung + kleine Packung Thunfisch). Das würde ich nicht schaffen und selbst wenn, würde es beim Hiken nicht drin bleiben. Anschließend hiken sie mit voller Leistung weiter. Da kann man schon etwas neidisch werden. Die machen mehr Pausen als ich und sind trotzdem noch deutlich schneller bei vollem Essensinput (beide sind PCT erfahren, also keine Sonntagswanderer aber ich habe ja auch schon ein paar Meilen auf dem PCT gelaufen).
Was die beiden so locker können ist nötig um den Kalorieninput und Output in der Wage zu halten.
Heute sehe ich so viele Pferdespuren, dass ich mich frage warum ich überhaupt zu Fuß gehe. Zusätzlich sehe ich auch andere Spuren, die für mich nicht gerade nach Pferd aussehen aber auch dem PCT folgen. Ich überlege, ob es Bärenspuren sind aber warum sollten die den PCT folgen. Vermutlich halte ich ein harmloses Nutztier für einen Bären, nach Pferd oder Esel sehen die Spuren aber nicht aus.
Mittwoch – Tag 70 / 9 – 765,2, Mount Whitney, 767,2 – 07.08.2019
Ich befinde mich nicht am optimalen Startpunkt für Whitney und stehe zum ersten Mal um 3:00 auf und Hike mit Stirnlampe. Wie sich später am Tag noch zeigt war die Uhrzeit zwar gut für die benötigen Meilen aber viel besser wäre es gewesen, wenn ich auch in der Startposition mit minimaler Entfernung zum Whitney gewesen wäre.
Im Notfall kann man das mal machen aber ich käme im Traum nicht darauf mit Taschenlampe Whitney zu besteigen. In der frühen Hikingsaison geht es nicht anders, weil die Sonne den Schnee weich macht und es dann zu gefährlich wird. Mich würde da mit Schnee kein Mensch hochbekommen.
Anschließend geht es den Mount Whitney hoch.
Die Impressionen sind umwerfend. Ich gehe so weit, dass ich landschaftlich noch nie etwas so schönes gesehen habe. Auch das Wetter und Licht sind top.
Bis rund 13400 Fuß läuft es ganz gut, dann streikt mein Magen wieder. Bis 13700 Fuß, also rund 1 Meile vor den Summit komme ich, dann muss ich wegen meinem Magen abbrechen. Auf den Weg nach unten muss ich mich wieder übergeben, obwohl ich kaum was im Magen habe.
Ist das die Höhenkrankheit? Nachvollziehbar wäre es nicht. Warum soll die mal bei 12000 (erstes erbrechen an den Vortagen) und mal bei 13700 Fuß zuschlagen? Die Akklimatisierungsphase sollte auch lang genug gewesen sein. Ich habe schon immer Probleme gehabt während Leistungssport Essen zu konsumieren. Das wird wohl hier der gleiche Effekt sein. Allerdings ist Übelkeit und Appetitlosigkeit auch ein Effekt von Höhenkrankheit. Es kann also beides sein.
Da der PCT Hochleistungssport ist, kommen daher möglicherweise meine Probleme. Ein Übriges tut mit Sicherheit der Beckengurt, der auf auf den Magen drückt.
Da aber nachmittags bei Mount Whitney ein ziemlich heftiges spontanes Unwetter aufzieht (Hagel – was sonst? + heftiges Gewitter) war das aber evtl. auch ganz gut, dass ich abgebrochen habe. Es wurmt natürlich ziemlich, wenn nur grob eine Meile fehlt.
Zu der Jahreszeit sind derartige Gewitter aber wohl ziemlich normal gegen Nachmittag. Somit hat man wieder den Effekt, dass man sich für ein notwendiges Übel entscheiden muss. Ein Whitney Climb erfolgt im Prinzip immer unter Zeitdruck, wenn man nicht nur den Whitney erklettern will und ein Mehrtagespermit hat.
Die Varianten für den Whitney Climb sind:
- Man kommt vom PCT, das ist für PCTler die einzige Option, die erlaubt ist (dann darf man nach Crabtree Meadows nicht mehr campen). Somit muss man den Whitney von dort aus an einem Tag erklimmen. Dafür benötigt man aber die optimale Position auf dem Trail oder man muss sehr früh los und die Tagesstrecke wird noch länger, so wie bei mir (im Winter ist es so, dass man selbst mit optimaler Position sehr früh starten muss (einige Hiker starten z.B. Mitternacht ihren Aufstieg), weil sonst der Schnee zu weich wird durch die Sonne.
- Man kommt über das Whitney Portal, das ist ein Killerhike der zwar “nur” 22 Meilen lang ist aber viele Höhenmeter beinhaltet (wenn man von Lone Pine startet ist man definitiv nicht akklimatisiert, nicht mal ansatzweise) und man kann sich vorher nicht richtig akklimatisieren, wenn man nicht noch vorher andere Berge besteigt (das mindeste ist ein Tag am Portal Trailhead campen, das ist aber auch eher zu wenig, weil noch nicht sehr hoch). Der Permit für das Portal ist extrem schwer zu bekommen – es gibt Eintagespermits, die einen unter hohen Zeitdruck setzen, weil man nicht im Whitney Bereich campen darf. Alternativ gibt es Mehrtagespermits, die noch schlechter zu bekommen sind als die Eintagespermits (die Chance liegt wohl bei ca. 30% ein Permit an einem bestimmten Tag zu bekommen, wenn man flexibel ist, liegen die Chancen höher, als jemand der einen Flug gebucht hat, ist man aber in der Regel nicht sehr flexibel und die Ergebnisse der Permit Lotterie gibt es spät, wenn man dann erst den Flug bucht ist der i.d.R. deutlich teurer).
Höhenkrankheit vermeidet man durch langsame Aufstiege, genügend Trinken und Essen und genug Schlaf. Einer der ersten Effekte von Höhenkrankheit ist Appetitlosigkeit und Kopfschmerzen.
Ihr seht das Problem? Die Permitsysteme / begrenzter Urlaub / Kosten (Verpflegung, Hotels) sorgen dafür, dass man möglichst schnell aufsteigen will oder muss. Die Gesundheit gebietet das genaue Gegenteil. 4500m ist gefühlt noch nicht so hoch und einige Leute haben mit der Höhenkrankheit keine Probleme aber die sportlich gute Verfassung hilft nicht um sie zu vermeiden. Es kann sogar der gegenteilige Effekt eintreten. Desto schneller man aufsteigt, desto höher ist die Gefahr von Höhenkrankheit.
Jetzt kombiniert man die Gewitter + Regen oder Schnee und Eis (je nach Jahreszeit wobei man selbst im Sommer noch Schnee und Eis hat, wie man auf den Fotos sieht) schon hat man eine deutlich höhere Gefahr wegzurutschen und ziemlich tief und wahrscheinlich tödlich zu fallen mit dem Zeitdruck durch Permit oder sonstige Restriktionen und schon hat man eine sehr gefährliche Kombination.
Ich will auch nicht überdramatisieren. Das Empfinden ist sehr unterschiedlich. Ich habe auch Pfadfinder gesehen, die vielleicht 15 Jahre alt waren, die den Whitney hoch geflitzt sind, als wenn es überhaupt nichts wäre (in dem Alter hat man auch ein ganz anderes Risikoempfinden als mit zunehmendem Alter, nämlich quasi keins). Wobei auch da der Eindruck täuschen kann, ich habe sie den Weg runterkommen gesehen. Somit gehe ich davon aus, dass sie oben waren aber wer weiß.
Die Pfadfinder hatten nicht mal einen Rucksack oder irgendeine Ausrüstung dabei (nur eine kleine Wasserflasche mit nicht mal 1l Inhalt), als wenn sie einen gemütlichen Spaziergang gemacht hätten. Es gibt somit keine universellen Empfehlungen, was für den einen eine Nahtoderfahrung ist (ja, Drama), ist für andere ein normale Wanderung. In dem Fall hat es aber eben nicht nur mit Kondition zu tun, die kann sogar nachteilig sein ohne Akklimatisierung, wenn man seine volle Leistung ausspielt.
Ansonsten kann man auch Medikamente gegen Höhenkrankheit nehmen (Diamox, das hat aber netterweise die gleichen Nebeneffekte, die Höhenkrankheit als Haupteffekte hat). Ob das sinnvoll ist oder nicht sei dahingestellt. Fakt ist, man muss das Medikament vorher besorgt haben und ggf. auch schon vorher die Einnahme beginnen. Ob es mehr Vor- oder Nachteile hat, sei dahingestellt.
Am linken Fuß bildet sich schon wieder eine Blase in etwa dort wo sich die letzte Riesenblase auch gebildet hat. Warum auch immer das immer am linken Fuß passiert. Das kleine Unwetter heute war halt auch nicht vorteilhaft.
Ich möchte nicht wissen wie ich in den letzten Tagen an meinen Reserven gezerrt haben, denn gegessen habe ich kaum was.
In den letzten Tagen sind mir zwei paar Socken kaputt gegangen, die Schuhe sind nach Whitney auch schon wieder Schrott (drittes Paar) und Magentabletten habe ich nun auch keine mehr. Die befinden sich in der Bouncebox in Mammoth Lakes (Edit nach dem Hike – die Box war schon wieder auf dem Weg nach Deutschland wegen der Kooperation von neuem Hotelmanagement in Mammoth und einer Sperrigen Postbürokratin).
Man kann sagen, dass die Sierras (das Bisschen was ich davon gesehen habe) für mich die bisher größte physische Herausforderung aber auch unglaublich schön waren. Primär wird das an der Etappenlänge in Kombination mit der Höhe und den Steigungen liegen.
Ich treffe heute bei meinem Abstieg Allan der 70 Jahre alt ist und den Mount Whitney schon 16 mal bestiegen hat (unter anderem). Das ist also als Gegenstück zu meinen Problemen. 😉 Allen steigt mit dem aufziehenden Gewitter auf und will an der Junktion zum Gipfel / Whitney Portal sein Zelt aufstellen (wer den Bereich kennt, weiß dass dort kaum Platz ist – ich wäre nie auf die Idee gekommen dort mein Zelt aufzustellen. Dort stehen relativ viele Rucksäcke rum und die Leute machen Pause / unterhalten sich um dann das technisch schwierigste Stück des Weges anzugehen. Höhenmeter muss man von dort nicht mehr viele überwiden.
Heute sind zum ersten Mal von einem Ranger die Permits kontrolliert worden oder sagen wir sie hat zumindest danach gefragt, ob man welche hat. Eine richtige Kontrolle wäre anders gelaufen. Ich zeige mein Permit auf dem Handy (was eigentlich nicht erlaubt ist, die Rangerin ist aber gnädig, weil ich gerade den Rucksack wieder gepackt habe – die beiden Hikerbekanntschaften aus Kennedy Meadows wühlen geschäftig in ihren Taschen und zeigen kein Permit – ich bin mir nicht mal sicher, ob sie überhaupt eins haben – die Rangerin verliert aber bereits das Interesse als ich das Permit auf dem Handy gezeigt habe und teilt uns mit, dass die Kontrollen um Yosemite schärfer sind.
Wie ich nachher feststelle geben die Bilder leider nicht ansatzweise den Eindruck wieder, den man hat, wenn man den Berg besteigt.
Donnerstag – Tag 71 / 10 – 767,2, 750,8 (ja, wirklich rückwärts) – 08.08.2019
Morgens schlafe ich etwas länger als gewöhnlich und grüble noch mal, ob ich zum Forrester Pass (höchster Punkt des PCT) wandern soll und verwerfe die Idee, da mir das Risiko aufgrund meiner Brechreizanfälle bzw. der Entkräftung mangels hinreichender Essensaufnahme zu hoch ist. Wie sich heute zeigt war die Entscheidung goldrichtig, wenn sie sich auch nicht so anfühlt.
Ich schaffe heute gerade mal knappe 17 Meilen und 1000 Höhenmeter. Für den Forrester Pass wäre mehr erforderlich gewesen. Das erreichte heute liegt deutlich unter meinen Möglichkeiten. Zurück laufen ist natürlich auch nicht gerade motivationsfördernd. Das ist so das schlimmste für einen PCT Hiker was einem passieren kann vor Infektionen durch verschmutztes Wasser oder Unfällen.
Ich treffe nie so viele Leute wie heute, da viele Leute den Weg als Einstieg in den John Muir Trail nutzen, der teilweise analog zum PCT verläuft bzw. über große Teile der Sierras sind beide identisch.
Dabei ergeben sich einige interessante Gespräche.
Weiterhin treffe ich einen PCT Hiker, der mir davon abrät diesen Monat schon nach Oregon zu Reisen wegen zu vieler Mücken. Er hat wohl einige Jahre in der Region gelebt.
Heute geht auch das dritte paar Socken kaputt. Ich habe zwar einen Nageklipser aber keine Pfeile dabei. Noch ein Punkt für die todo Liste.
Ich bin gespannt, ob es mir morgen gelingt von dem Lonepine Trailhead wegzukommen. Dafür muss ich vier Meilen wandern und auf Verwandte von Hikern hoffen, die Hiker dorthin bringen.
Hier scheint es in der Nacht verdammt kalt zu werden. Somit ist früh aufstehen wohl nicht so empfehlenswert. Ich hoffe ich erwische eine Fahrt nach Lone Pine.
Heute kommen meine neuen wasserdichten Alpin-Handschuhe zum Einsatz und das Zelt Einpacken bei knapp über 0° ist damit viel angenehmer. Man kann sogar den feuchten Dreck vom Zelt abwischen, ohne das die Hände abfrieren.
Die Busse zur nächsten Stadt fahren nur Mo – Fr aber aktuell benötige ich eh erstmal Erholung.
Ob und zu welchem Preis ein Hotelzimmer zu bekommen ist steht auch in den Sternen.
Freitag – Tag 72 / 11 – 750,8, Cottonwood Pass, Lone Pine – 09.08.2019
Morgens ist es sehr kalt am Chicken Spring Lake. Die Temperatur ist im Hochsommer nahe am Gefrierpunkt.
Telefon Empfang gibt es am Trailhead nicht also versuche ich mich per Anhalter.
Es hält eine Spaziergängerin mit Hund an, die ich vorher nett gegrüßt habe. Vermutlich hält sie genau aus dem Grund. Es ist ansonsten relativ wenig los am Trailhead (es ist halt Freitag und nicht Wochenende). Normalerweise macht sie die Fahrten gegen Geld (und zwar nicht wenig, der Preis ist mehr als das doppelte von Lyft und Uber – aber ohne Konkurrenz in der Region, d.h. man wird ordentlich abgezockt als Tourist …)
Gewartet habe ich ca. 30 Minuten, bis mich jemand mitgenommen hat.
Unglaublich wie einfach so ein Abstieg ist. Da geht man mal eben ein paar Tausend Fuß runter. Vorgestern noch auf 13700 Fuß und heute 4000 Fuß. Knapp 6000 davon heute mit dem Auto.
Der Perspektivwechsel ist interessant. Die Sierras mal von unten sehen bzw. jetzt kann ich teilweise erst einordnen was ich aus >=12000 Fuß überhaupt gesehen habe.
Als ich ankomme gehe ich erstmal nach McDonalds um nach einer Unterkunft zu suchen (Wifi + Sitzgelegenheit).
Ich bestelle mir einen Deluxe Burger with Cheese + Pommes und zwei große Coke und nix passiert. Mir wird selbst von Mc Donalds Essen nicht schlecht, während in den Bergen mehrere Tage Probleme hatte. 2 Stunden später habe ich wieder Hunger. Das soll einer verstehen. Keine Ahnung warum mir das Essen auf dem Trail so immense Probleme bereitet. Doch die Höhenkrankheit aber wieso dann schon so tief? Vermutlich verkrafte ich die Anstrengung + Essen wirklich nicht.
Die Temperatur in Lone Pine liegt bei rund 33°C. Das ist eine heftiger Unterschied zu den nahezu 0° oben am See.
Die Hotelsituation in der ganzen Region ist Katastrophal. In Lone Pine sind die Hotels noch mit am günstigsten. Die “Absteige” (kein gutes Motel) in der ich nun bin nimmt für 3 Tage 400$. Angebot und Nachfrage…
Sogar das Hostel ist voll.
Wenn man dann noch die Essenskosten für drei Tage summiert, machen andere dafür eine Woche all Inklusive Urlaub in einer deutlich besseren Anlage.
Selbst die 16” Pizza kostet hier 30$. Dafür habe ich andernorts weniger als die Hälfte bezahlt.
Vor Montag fährt aber kein Bus nach Norden und ich will mich erst ein wenig entspannen, bevor es weiter geht.
Denn vollkommen ausgepowert bin ich aktuell definitiv.
Schuhe und Socken sind bei Amazon offenbar aus. Ich werde es mal in den lokalen Läden versuchen aber meine Schuhgröße ist i.d.R. nicht zu bekommen. Wenn ihr große Füße habt verabschiedet euch von der Idee, dass ihr in den Trailtowns Nachschub gekommt. Amazon ist da in der Regel die Rettung aber das ist immer zeitproblematisch und ab einem bestimmten Zeitpunkt in der Saison sind z.B. die Altras in der Regel ausverkauft und warten kann man während des Hikes nicht.
Wie ich feststelle sind die Geschäfte wenigstens ein wenig auf Hiker ausgelegt. Es gibt zumindest an mehreren Stellen gefriergetrocknete Gerichte.
Bei Schuhen ist es dann schon wieder vorbei.
Damit mir die Socken nicht ständig kaputt gehen habe ich mir eine Minipfeile gegönnt. Bei über 40.000 Schritten pro Tag reicht offenbar sehr wenig aus, damit die Zehensocken kaputt gehen.
Den Rest des Tages verbringe ich mit Einkaufen für eine kurze Etappe von Red’s Meadow nach Tuolumne Meadow.
Samstag – Tag 73 / 12 – Lone Pine – 10.08.2019
Lone Pine ist eine der schöneren Städte entlang des PCT, auch wenn mal wieder ein Highway mittendurch führt.
Heute mache ich mir Gedanken wie ich weiter mache. Nachdem ich gestern wieder halbwegs sauber war (9 Tage Trail hinterlassen recht deutliche Spuren), habe ich die Gesundheitsbestandsaufnahme gemacht.
Drei Blasen an den Füßen. Zwei davon potenziell problematisch. Wie das endet, wenn man es ignoriert, weiß ich ja schon.
Ansonsten ein paar Blasen an den Händen, leichter Sonnenbrand hier und da.
Es macht aber aktuell wenig Sinn in den High Sierras mit zig Flussquerungen weiter zu machen, wenn ich nicht wieder so eine Riesenblase riskieren möchte.
Somit werde ich Montag nach Mammoth Lakes fahren und von dort weiter Richtung Norden wandern.
Heute habe ich kurz geprüft wo meine Bounce Box ist und das Postamt in Mammoth Lakes hat sich wohl selbst übertroffen. Obwohl die Adresse korrekt ist (ich hatte schon das Motel 6 direkt neben dem Postamt angegeben, weil das Postamt für bescheidenen Service bekannt ist – siehe USPS Mammoth Lakes bei Google), wurde das Paket zurückgeschickt.
Da ich aber keine Adresse in den USA habe, steht auf der Box als Absender die deutsche Adresse. Dahin wurde das Paket also bestimmt nicht geschickt (das wäre ja viel teurer). Aktuell vermute ich, dass die Box zurück nach Ridgecrest geschickt wird oder einfach zurück zur Verteilstelle in Bakersfield, die damit natürlich nichts anfangen kann. Gemessen an den Preisen ist USPS einfach unglaublich schlecht.
Edit 29.08.2020 nach dem Hike: Wie man sich täuschen kann. Das Paket wurde wirklich nach Deutschland geschickt und kam dort Monate später an. Wie auch immer das überhaupt funktioniert hat, denn es gab keine Information für den Deutschen zoll, noch wurden adäquate Frachtkosten gezahlt aber USPS ist immer wieder für Überraschungen gut. Man kann USPS auch versuchen über Mail / Telefon zu kontaktieren. In die laufenden Prozesse kann dort offenbar niemand eingreifen und meistens wissen die auch nicht wo die Pakete sind.
Edit Ende
Den Sonntag findet ihr aufgrund der Zeitverschiebung im nächsten Rückblick.
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